Nach der Veranstaltung StartNet Camp haben wir Akteure und Vertreter*innen aus den dynamischsten Sektoren der apulischen Wirtschaft interviewt. Die maritime Wirtschaft ist eine wachsende Branche, die Bereiche wie Tourismus, Handel, Transportlogistik und den Schutz der Meeresumwelt umfasst.
Im Folgenden erläutert uns Roberta Caragnano, Forscherin in Arbeitsrecht und Sachverständige für maritime Berufe, was die Zukunftsaussichten in Apulien sind.
Wie entwickelt sich die maritime Wirtschaft in Apulien?
Apulien mit einer fast 800 km langen Küste erlebt in den letzten Jahren ein starkes Wachstum in den Bereichen Tourismus und Nautik. Darüber hinaus hat diese Region einige Besonderheiten vorzuweisen, es gibt zum Beispiel Unternehmen, die Kohlenstofffaser im Bootsbau verwenden. Hervorzuheben ist insbesondere die Nautik im weitgefassten Sinne, speziell auch der Wassertourismus und seine Auswirkungen auf die Küstengebiete (Verkehrsanbindungen für die Sportler, Anlegeplätze in den Häfen, um die Umgebung zu besichtigen oder einfach nur die Bordküche zu nutzen, Wartungsdienste, Instandhaltung der Schiffe).
Der Strategieplan “Puglia365” schenkt der maritimen Wirtschaft besondere Aufmerksamkeit. Vorgesehen sind spezifische Maßnahmen im Küstengebiet, wie der Ausbau der Infrastruktur zur Vernetzung der touristischen Häfen, um dem nationalen und internationalen Markt einen erstklassigen Service zu bieten.
Welche Kompetenzen muss ein junger Mensch mitbringen, um in die “Blue Economy” - das blaue Wachstum – einzusteigen?
Es handelt sich zweifellos um einen wachsenden Sektor und es ist auch wichtig, den Jugendlichen die herkömmlichen Schifffahrtsberufe nahezu bringen, denn diese enthalten ein großes Innovationspotenzial. Es gibt sehr viele und sehr unterschiedliche Berufe: vom Kapitän, über den Bauleiter in der Schiffswerft, Mechaniker, Installateur/Servicetechniker für die Anlagen, Konstrukteur von Schiffsteilen, Matrose auf Sportbooten und Seemann für Hafenlogistik bis hin zu Hostessen und Stewards an Bord.
Daher braucht es Kompetenzen sowohl im technischen (zur Herstellung von Materialien, Kenntnisse der Mechanik und Anlagenbau an Bord, um nur ein paar zu nennen), und im sprachlichen (Fremdsprachen-Kenntnisse), als auch im zwischenmenschlichen Bereich, verbunden mit der Fähigkeit im Team oder selbstständig zu arbeiten. Das heißt die Arbeit so zu planen, dass die Aufgaben zeitlich und inhaltlich den Ansprüchen der Vorgesetzten angemessen erfüllt werden. Es wird erwartet in Stresssituationen arbeitsfähig zu sein, bedingt durch die Wetterverhältnisse, die häufigen Ortswechsel, die Arbeitszeiten mit einem engen Dienstplan und durch die beengenden Räumlichkeiten in einem Wasserfahrzeug. Ebenso wichtig ist die Kenntnis der nautischen Sprache und die Beherrschung der wichtigsten Begriffe in anderen Sprachen, um über Funk mit den Stellen an Land kommunizieren zu können.
Welche Schule oder Ausbildung raten Sie denjenigen, die in der Seeverkehrswirtschaft arbeiten wollen?
Der Ausbildungsweg kann sehr unterschiedlich aussehen. Je nach persönlichem Interesse führt er zu einem Abschluss an einer weiterführenden Schule mit technischem Schwerpunkt (nautisch, oder aber auch im Fremdenverkehr, da es sich hierbei um einen expandierenden Sektor handelt, in dem es allerdings wenig spezialisierte Fachleute für den nautischen Bereich gibt), zum Studium an einer technischen Fachoberschule oder aber zum Hochschulabschluss im jeweiligen Sachgebiet.
Alles sollte immer an ein duales Ausbildungssystem gekoppelt sein, ergänzt durch on-the-job Training und Weiterbildungskurse für den Erwerb von Qualifikationen. Was das Bildungswesen betrifft, müssten insgesamt das nationale Bildungssystem und die Qualifikationsstandards überprüft werden. Vor allem empfiehlt es sich, die Abschlüsse an die sich wandelnden Anforderungen der neu entstehenden Berufsbilder anzupassen. Auf diesen Aspekt weist auch die Europäische Kommission hin.
Warum sollte sich Ihrer Meinung nach eine Jugendliche oder ein Jugendlicher für die maritime Wirtschaft entscheiden?
Die maritime Wirtschaft ist eine der zukunftsweisenden Ökonomien. Sie ist nicht nur sauber, sondern auch landesweit strategisch wichtig. Ihr Beschäftigungspotential, im Sinne der Schaffung neuer Arbeitsplätze, ist im europäischen Vergleich hoch. Zudem ist sie mit diversen Wertschöpfungsketten verbunden, unter anderem dem Tourismus, Schiffsverkehr, der Fischerei, dem Sport (um nur ein paar zu nennen), welche wiederum mögliche Quellen für nachhaltiges Wachstum sind. Der Multiplikator für die maritime Wirtschaft beträgt 1,9, wobei sich für jeden investierten Euro in eine der Aktivitäten in diesem Marktsektor durchschnittlich 1,9 (Euro) in der restlichen Wirtschaft aktivieren.
Letztendlich wird das Wachstum der Blue Economy zunehmend qualifizierteres Personal mit ausgeprägten Fachkenntnissen erfordern, das in der Lage ist, die neuen Technologien auch im Ingenieurwesen und anderen Bereichen anzuwenden.
Roberta Caragnano hat einen PhD in Arbeitsrecht und Arbeitsbeziehungen und ist Forscherin. Sie ist Beraterin und Anwältin für öffentliche und private Einrichtungen, dem Branchenverband, und Sachverständige für Wassersport. Sie ist zuständig für arbeitsrechtliche Fragen und die Berufsgruppen des Sektors. Außerdem vernetzt sie Arbeitswelt, Schule und Universität.