Der Fokus muss auf den Jugendlichen und ihrer Lebensplanung liegen, wenn Italien wieder aufleben soll: sie sind das Potenzial, das den grünen und digitalen Wandel beschleunigen kann. So der Appell von StartNet -Netzwerk für den Übergang Schule-Beruf, als die Ergebnisse der ersten drei Jahre und die neue Programmstrategie vorgestellt wurden.
StartNet mit seiner europäischen Ausrichtung ist ein Netzwerkprojekt, das alle Beteiligten am Übergang Schule-Beruf zusammenführt: Schule, Unternehmen, Institutionen und Zivilgesellschaft. Italien ist einer der 17 Partner aus 12 Ländern, die an dem Projekt mitwirken: “Gemeinsame Lösungen für gemeinsame Herausforderungen in den verschiedenen europäischen Ländern, mittels Austausch und wechselseitigem Lernen”, erklärt Jan Wilker, der Projektmanager von StartNet Europe.
Stärkung des sozialen Zusammenhalts in Europa
Das Projekt wurde vom Goethe-Institut und der Stiftung Mercator ins Leben gerufen und ermöglicht. Die deutsche Stiftung hat zum Ziel, den sozialen Zusammenhalt in Europa zu stärken, indem sie strukturierte Maßnahmen zur aktiven Partizipation von jungen Menschen fördert, ausgehend von ihren Plänen zur persönlichen Entfaltung.
“Wir sind sehr zufrieden mit diesen ersten drei Jahren, in denen Netzwerke aufgebaut und wirksame Praktiken entwickelt wurden, die Jugendliche beruflich orientieren und der Arbeitswelt näher bringen entsprechend ihrer Neigungen. Es ist nicht einfach, verschiedene Stakeholder an einen Tisch zu bringen, mit der Aufgabe Erfahrungen und Ressourcen zusammen zu legen. Aber die Ergebnisse sind da und wir bekräftigen unsere Unterstützung für das Projekt”, sagt Davide Bracci, Projektmanager von StartNet bei der Stiftung Mercator.
StartNet Italien: jetzt noch zum letzten Meilenstein
Die Aktivitäten der ersten Jahre in Italien bringen schon bedeutende Zahlen hervor, insbesondere in Apulien und Basilicata. “Wir haben drei Jahre Vorlauf gebraucht, um das Netzwerk 2017 ins Leben zu rufen: Analyse des Finanzbedarfs, Einbeziehung der Akteure vor Ort, Definition der Ziele und Einleitung der Maßnahmen. Dafür haben wir die Methode des “Collective Impact” angewandt, indem wir uns zu den Zielsetzungen ausgetauscht und die Ergebnisse im ständigen Dialog mit den Stakeholdern ausgewertet haben”, berichtet Angelika Bartholomäi, Projektmanagerin von StartNet Italien. Anerkennung auch von Seiten des Repräsentanten aus dem Bildungsministerium Fabrizio Proietti: “Ich hätte nicht gedacht, dass dieses Netzwerk so erfolgreich sein würde. Und doch haben seit Aufnahme der Tätigkeiten 17 000 Student*innen, 200 Schulen, 400 Lehrer*innen und 90 Unternehmen an Projekten zur Orientierung und zum Übergang Schule-Beruf teilgenommen.”
Ebenso zufrieden zeigt sich Sebastiano Leo, Regionaler Minister für Schule, Ausbildung und Beruf in der Region Apulien: “Ich freue mich auf neue Abenteuer mit StartNet, gerade jetzt, wo die Pandemie die Probleme in unseren Regionen verschlimmert hat. Gemeinsam haben wir schon konkrete Aktivitäten für eine bessere Berufsorientierung, Integration und den Übergang Schule-Beruf durchgeführt. Jetzt müssen wir den letzten Meilenstein erreichen: den Einstieg der jungen Menschen ins Erwerbsleben durch eine noch stärkere Einbindung der Region und der Unternehmen.”
Die Entwicklungsstrategien für die nächsten drei Jahre (2021-2023) wurden von Ulrike Tietze vorgestellt, Vizedirektorin des Goethe-Instituts Rom: “Jetzt gestalten wir die Pilotprojekte der ersten Phase aus, schließen neue Partnerschaften und werden die Bildungsgemeinschaften noch mehr einbinden; wir werden weitere Regionen einbeziehen und gezielt die Phänomene NEET und Gender Gap in den MINT-Fächern angehen.”
Die Aufgabe der Netzwerke, damit die Jugend in den Mittelpunkt rückt.
Die Gestaltung von Ökosystemen bestehend aus Akteuren, die sich gemeinsam dafür einsetzen, die Jugendlichen von der Schule in den Beruf zu begleiten, war Themenschwerpunkt des Runden Tischs. Professor Alessandro Rosina der Katholischen Universität Mailand warnt davor, die nach der Finanzkrise 2008 begangenen Fehler zu wiederholen. Sie haben die Schwachpunkte unserer Jugend noch verschlimmert. So steigt bei uns die Zahl der NEET im Gegensatz zur durchschnittlichen Tendenz in Europa. “Wir wollen die Jugendlichen dabei unterstützen und darin bestärken, sich selbst zu orientieren und einen Lebenslauf zu wählen, der sie aus dem Labyrint beim Einstieg in die Arbeitswelt herausführt. Europa setzt auf sie mit dem Programm Next Generation EU. Wir folgen diesem Impuls mit konkreten Aktionen und vernetzen die regionalen Best Practices anhand von systemischen Ansätzen.”
Lucia Abbinante, Direktorin der Agenzia Nazionale Giovani (Nationale Agentur für Jugend), weist ihrerseits auf die Bedeutung der Erfahrungen mit dem europäischen Volontariat im Rahmen von Erasmus+ hin, was die Agentur in den Regionen mit Peer-to-Peer-Initiativen fördert: “Die Jugendlichen wollen Protagonisten eines Neuanfangs sein. Die Teilnahme an diesen internationalen Programmen gibt ihnen die Möglichkeit, sich die richtigen Fragen zu ihrer Lebensplanung zu stellen und Querschnittskompetenzen zu erwerben, die den Übergang ins Berufsleben wesentlich beeinflussen.”
Die Pandemie hat auch das deutsche System der Berufsorientierung und Ausbildung stark getroffen, berichtet Michael Heister, Abteilungsleiter im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB): “Auch wir haben einen starken Einschnitt bei den Aktivitäten zum Übergang Schule-Beruf zu verkraften, weil eine praxisorientierte Ausbildung auf Distanz nur schwer umsetzbar ist. Das bedeutet, dass wir in Zukunft in digitales Lehrmaterial, auch mit den Neuen Technologien, sowie in die virtuelle Welt investieren müssen, um zu möglichst realistischen Erfahrungen zu verhelfen.”
Die Netzwerkpartner
Die Netzwerkpartner haben hohe Erwartungen an die Fortsetzung der StartNet-Aktivitäten und leisten engagierte Beiträge aus ihrer jeweiligen Perspektive und im Sinne der empfohlenen Synergieeffekte im Rahmen der Veranstaltung.
Claudia Datena, Leiterin des regionalen Schulamts der Basilikata, setzt auf den Austausch von Best Practices, auf ein reziprokes “Anstecken” und Voneinander-Lernen, in der Hoffnung, dass auch in ihrer Region weitere Institutionen dem Netzwerk beitreten. Rosa Scarcia, Präsidentin des Schulnetzwerks Green Education & Training GET) und Schulleiterin der SchuleMarco Polo in Bari, beschreibt die Entwicklung von einigen Projekten für Lehrer*innen und Jugendliche zur Reduzierung des Gender Gap, mit einem systemischen Ansatz und unter Einbeziehung der Familien für eine korrekte Berufsorientierung. “Wir leben mit dem Vorurteil, dass Frauen weniger geeignet sind für die MINT-Fächer, und mit einer geringen Gender-Repräsentanz, die als Vorbilder dienen könnten. Daher organisieren wir Veranstaltungen mit dem Schwerpunkt Industrie 4.0, bei denen Frauen aus Unternehmen, Vereinen und Gewerkschaften Zeugnis ablegen”.
Die Antwort aus der Industriebranche folgt unmittelbar: “Ich bin stolz darauf, Teil des StartNet-Projekts zu sein, von dem ich von Anfang an überzeugt war. Es gibt multinationale Konzerne, die bereit sind ihren Beitrag zu leisten, damit die neuen Generationen diejenigen Kompetenzen erwerben, die in der Wirtschaft gefordert sind,” bemerkt Cesare de Palma, Koordinator für Education des Arbeitgeberverbands Confindustria Apulien.
Zuletzt stellte Gianpietro Losapio, Direktor des nationalen Konsortiums für soziale Innovation Nova Onlus, das vierjährige Orientierungsprogramm OR.CO. digitsys vor, in dem Nova, im Namen von StartNet, die Federführung hat. Im Rahmen des Projekts werden Kinder und Jugendliche darin unterstützt, sich selbst und ihre Potenziale besser kennen zu lernen, und die richtigen Bildungswege einzuschlagen, die ihre individuellen Interessen und Talente fördern. Bildungsgemeinschaften in und außerhalb der Schule werden aufgebaut, mit dem Ziel die jungen Menschen und ihre Familien beratend zu begleiten. Mit der Pandemie sind neue Instrumente und Angebote hinzugekommen, wie zum Beispiel ein Webradio und eine virtuelle Anlaufstelle für Eltern. “StartNet ist ein großes Übungslabor für ein Miteinander, wo etwas angeboten und gelernt wird. Für mich bedeutet StartNet 2.0: Lasst uns nicht mehr über die Jugendlichen reden, sondern lasst die Jugendlichen selbst reden!”
Abschließend stellte Joachim Bernauer, Direktor des Goethe-Instituts Italien, sich der Herausforderung, einen Qualitätssprung zu machen: “Wir müssen integrativ arbeiten, zwischen Initiativen, Projekten und Stakeholdern, und dabei der gleichberechtigten Kommunikation und den sozialen Netzwerken der jungen Menschen ganz besondere Aufmerksamkeit schenken.”
Auszüge und Beiträge der Veranstaltung können Sie auf Youtube sehen.